Kurzcharakteristik
Lage: Gerhart-Hauptmann-Straße 1
Stadtteil: Strehlen
Architekten:

Gottfried, Wolf und Kollektiv
Wandbild von Dietmar Gubsch

Bauphase: 1958-1960
Kurzbeschreibung: dominierendes 8-geschossiges Bürogebäude mit Galeriegeschoss, Raum für ehem. 400 Arbeitsplätze, Speisesaal 100 Plätze, spätere Ergänzung Festsaal 120 Plätze und Rechenstation
Stahlbeton-Skelettmontagebau, Rasterfassade mit Feldverkleidung in Meißner Keramik, Sandsteingiebel
Nutzung: errichtet als Forschungseinrichtung, heute leerstehend

Beschreibung:

Die Vorprojektierung und Projektierung für den Gebäudekomplex des Institutes für Arbeitsökonomie und Arbeitsschutzforschung wurde bereits 1954 durch das Entwurfsbüro für Hochbau I des Rates des Bezirkes Dresden begonnen, der tatsächliche Baubeginn ist jedoch erst auf 1958 zu datieren.



Geplant wurden verschiedene Neubauten. Zu diesen gehörten das achtgeschossige Hauptgebäude zur Aufnahme der verschiedenen Abteilungen des Institutes und der erforderlichen Wirtschaft- und Sozialräume, der große Hörsaal mit Kinoeinrichtung (1-geschossig), ein Werkstattgebäude mit vorläufigem Technischen Kabinett (1-geschossig) und ein Foyer als Vorraum zum großen Hörsaal (1-geschossig). Die einzelnen Gebäudeteile sollten durch Verbindungsgänge zusammengefasst werden. Des Weiteren waren der Neubau einer Garage mit zehn Stellplätzen und eine Trafostation sowie die Gestaltung der Außenanlagen und Grünflächen Bestandteile der Projektierung.

Das über einen vorgelagerten, freistehenden Haupteingang erschlossene Hauptgebäude ist in acht Vollgeschosse, ein Kellergeschoss und ein Staffelgeschoss mit je einer Terrasse an den Längsseiten untergliedert.
Der Grundriss des ca. 31 m hohen Hauptgebäudes ist seiner Längsausdehnung in Achsen von 2,50 m Abstand aufgeteilt und hat eine Gesamtlänge von 53,30 m und eine Breite von 12,20 m.
Der vertikale Aufbau erfolgt im Kellergeschoss in Ortbeton, das Erdgeschoss und die sieben Obergeschosse bestehen hauptsächlich aus Stahlbetonfertigteilen und leichten Zwischenwänden. Für letztere wurden sogenannte Schugk-Plattenwände mit 6,5 cm Stärke gewählt. Das achte Obergeschoss und die Dachkonstruktion wurde wieder aus Ortbeton gefertigt.

Säulen und Riegel bestehend aus Fertigteilausfachungen der Fassadenfelder bleiben nach außen sichtbar und bestimmen damit gleichzeitig die äußere Gestalt.

Als Dachkonstruktion wurde ein flach geneigtes und in seiner Funktion als Zweischalendach wirkendes Walmdach gewählt. Der konstruktive Aufbau geschieht durch Säulen, Unterzüge und Sparren aus Stahlbeton in Verbindung mit dem ca. 1,70 m ausladenden Stahlbetongesims. Die Dachneigung beträgt 10°. Für die Unterschale des Kaltdaches kommt eine 12 cm starke Stahlsteindecke zur Ausführung, auf welche die Wärmedämmung aufgelegt ist. Für die Belüftung des Dachraumes sind in der Unterschale im Bereich der Terrasse Luftschlitze mit Siebabdeckung auszuführen, von denen die Funktion des Zweisschalendaches abhängt.
Die Geschosse sind untereinander mit einer Haupt- und einer Nebentreppe verbunden. Ein 16-Personen-Aufzug und ein Kleinlastenaufzug führen vom Kellergeschoss bis zum Staffelgeschoss.

Das Hauptgebäude diente vorwiegend der Aufnahme der wissenschaftlichen Abteilungen des Institutes. Diese Abteilungen waren im Erdgeschoss und in den sieben Obergeschossen untergebracht und enthielten jeweils Arbeitsräume für einen Mitarbeiter, Sekretariats- und Abteilungsleiterzimmer sowie größere Seminarräume. Das Erdgeschoss fasst den Pförtnerraum, eine Telefonzentrale, ein Fotolabor und sonstige technisch bedingte Einrichtungen. Im Kellergang befanden sich das Archiv, Wasch- und Umkleide- sowie Aufenthaltsräume für das Personal. Des Weiteren wurden Kapazitäten für einen Kartoffelkeller und sämtliche Lagerkeller für die Küche, Zuputzraum, Kühlraum und Kohlenbunker freigehalten. Das achte Obergeschoss (Staffelgeschoss) beherbergte die Küche für 200 Personen und einen vorgelagerten Speisesaal, einen Klubraum und eine HO Verkaufsstelle.

Von der Forderung nach vielen Arbeitszimmern ausgehend, ergab sich die bereits erwähnte Achsenaufteilung. Die Einzelzimmer sind damit gleichbleibend ca. 10 m² groß, die größeren Räume umfassen je nach Funktion 2,5 oder 4 solcher Achsen. Bei der äußeren Gestaltung war man bestrebt, den inneren Aufbau des Gebäudes nach außen sichtbar werden zu lassen. Die konstruktiven Glieder (Säulen und Querriegel) der Fertigteilbauweise bestimmen damit die gestalterische Aufteilung der beiden Längsfassaden. Um die geforderte Sockelzone zu erreichen, wurden die Fenster des Erdgeschosses geschosshoch gewählt. Die sieben Obergeschosse erhielten eine Ausfachung der Felder aus Fertigteilen mit asymmetrisch liegenden Schwingflügelfenstern. Diese Ausfachung wurde aus Gründen der guten Haltbarkeit und beständigen Farbigkeit wegen mit blauen Keramikplatten verkleidet.

Das sichtbare konstruktive Stahlbetonskelett wurde mit weißer Latexfarbe behandelt. Die Giebelseiten sind in einer Sandsteinplattenverkleidung ausgeführt.

Im Staffelgeschoss ist an den beiden Längsseiten eine durchgehende Terrasse gebaut worden, die in Zusammenhang mit dem weit ausladenden Gesims dem Gebäude einen großzügigen Charakter verleiht.

Im Inneren war für die Gestaltung des Speisesaales eine Verkleidung der vier Säulen mit Keramikplatten vorgesehen. Aus konstruktiven Gründen wurden die Unteransichten der Treppenpodeste mit Stuckverkleidungen mit eingebauten Beleuchtungskörpern versehen. Außerdem sind die Eingangswand und die Decke im Speisesaal in Stuck ausgeführt worden. Sämtliche Räume erhielten je nach Funktion farbig abgestimmte Wand- und Deckenanstriche.
Zur Projektierung des Institutes gehörte auch die Planung der Außenanlagen. Die Fläche vor dem Gebäude wurde als großzügige Grünfläche belassen, die der Wirkung des so frei stehenden Hauptgebäudes zuträglich ist. Die Zugangswege für Fußgänger von der Tiergartenstraße und der Gerhart-Hauptmann-Straße werden mit Kunststeinplattenbelag ausgeführt. An der rückwärtigen Seite des Gebäudes mit Zugang von der Tiergartenstraße wurde der Garagen- und Wirtschaftshof geplant, der zugleich die spätere Verbindung zum Werkstattgebäude gewährleisten sollte.

Denkmalpflege:

Das ehemalige Zentrale Forschungsinstitut für Arbeit wurde im Denkmalverzeichnis des Freistaates Sachsen erfasst und aufgrund seines vor allem baugeschichtlich bedeutsames Wertes geschützt.
Die Ausführung des Hauptgebäudes ist ein qualitativ hochwertiges Beispiel der „DDR-Moderne“. Es ist deutlich die Abkehr von dem bis Mitte der 1950er Jahren propagierten Bauen nach nationalen Tradition erkennbar. Vielmehr wurde mit der Errichtung des Forschungsinstitut für Arbeit ein großer Schritt zum Bauen nach modernen, funktionalen Vorbildern geschafft.

Das Institut ist in Anlehnung an die fortschrittlichen Tendenzen der klassischen Moderne und die aktuellsten Entwicklungen der Zeit entstanden. Die Synthese von Technik, Funktion und Gestaltung wurde in prägnanter Form realisiert und ging als „Wiederverwendungsprojekt“ auch in Planungen anderer wissenschaftlicher Einrichtungen der DDR ein. Diesem Vorbildcharakter kann heute noch Rechnung getragen werden. Die häufig an standardisierten Bautypen verübte Monotoniekritik kann hier nicht zum tragen kommen. Stattdessen ist das ehemalige Zentrale Forschungsinstitut für Arbeit neben dem Verwaltungsgebäude des VEB Strömungsmaschinen eines der innovativsten Gebäude in Dresden um 1960.

Quellen / Literaturtipps:

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